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Montag, 1. Februar 2010
Cemetry Gates
derlaxx, 00:53h
Es war eine der kältesten Nächte die wir hier seit Ewigkeiten hatten, der härteste Winter den ich in dieser Stadt jeh erlebt hatte. Minus 10 Grad und sternenklarer Himmel, dazu ein Mond der durch den Schnee noch intensiver zu strahlen schien und so voll war, wie ein dickes Kind nach seiner Geburtstagsfeier.
Wir stehen an den Toren des Bezirksfriedhofs und du fragtest noch, ob wir das wirklich tuen sollten. Ich versicherte dir, du solltest dir keine Sorgen machen ein Friedhof ist, wie ein normaler Park nur mit mehr Steinen und älterer Sozialstruktur.
Wir hassten damals Menschen ähnlich stark. Gut, Hass ist vielleicht etwas übertriben, aber die Anwesenheit von Menschen an öffentlichen Plätzen oder gar dem jeweiligen eigenem zu Hause war uns beide suspekt. Ich kann bis heute nicht genau sagen, warum das so war, aber ich vermute, dass es zumindest bei mir der Kontrollverlust war, der mich störte. Wenn ich mir selbst Menschen einlude oder zu Freunden ging, setze ich mich nur vorausgewählten menschlichen Kontakten aus, meistens war niemand da, denn ich nicht leiden konnte. In einem Park bestückt mit einigen Menschen, hätte es ja passieren können, dass auf einmal ein Ball herüber fliegt und mich aus dem schönen Gebilde meiner eignen Existenz herausholt und mich mit der Realität (in dem Fall der Frage den Ball zurückzuwerfen) verunsichert. Sowas war mir nicht recht, deswegen gingen wir nachts spazieren.
Warum wir unbedingt auf dem Freidhof gehen musste, könnte mit dem allgemeinen Drang zusammenhängen, gute Geschichte zu fabrizieren. Damals wollte ich immer Sachen machen, die mindestens eine schlechte Geschichte für die Enkel wert war. Das ist irgendwie seltsam, denn mein eigener Opa hat mir nie Geschichten erzält, der trank nur. Wahrscheinlich wären seine Geschichten auch zu unangenehm gewesen und hätten inhaltlich mit dem Dritten Reich, Blut und Juden, nicht unbedingt in die Wehrther's-Echte-Opa-Romantik die ich damals immer im Kopf hatte, gepasst.
Wenn ich diese ganze Friedhofsgeschichte heute betrachte, glaube ich auch nicht, das sie in diese Romantik eines alten grauen Mannes der nichts besseres zu tun hat, als seine Enkel mit extrem süßen Bonbon zu verfetten, gepasst hätte.
Der Bezirksfriedhof lag etwas außerhalb auf drei Seiten war er mit Feld umgeben und auf der vierten war eine Straße die in einen kleinen sehr dörfichen Ortsteil führte. Er war sehr klein, dafür in 20Minuten laufnähe zu meiner Wohnung. Wir haben schon auf den Weg immer darüber geredet, was wir denn für Menschen wären Nachts auf einem Friedhof spazieren zu gehen, zumal nichtmal einer unserer Verwandten dort lag. Du meintest, im Prinzip ist das ganze psychologisch ja recht wertvoll, sich mit dem Tod und der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen.
Die Gräber waren alle recht klein, man merkte dass die Leute mit mehr Geld eher auf dem großen Stadtfiedhof begraben werden.
Die Wege waren zugeschneit und wir mussten uns sehr stark konzentrieren auf dem Weg zu bleiben. Wir machten Witze darüber, wie die Angehörigen sich wohl aufregen würden, wenn sie auf einmal Fußabdrücke auf den Gräbern ihrer Liebsten finden. Um der Gefahr der Grabschändung aus dem Weg zu gehen beschlossen wir, uns auf eine Bank zu setzen. Ich befreite mit der Hand und in der Folge mit einem Taschentuch aus meinem Rucksack die Bank vom Schnee.
Wir saßen direkt vor dem Grab von Hannelore Schmidt 1928 – 1998. Wir frageten uns, wer diese Frau war. Man könnte meinen, wenn keine weitere Inschrift auf einem Grab ist, kann man nicht viel mehr als Namen und Daten von dem Menschen erfahren, aber wir erkannten schnell, dass es da noch einige Informationen mehr gab. Im Gegensatz zu anderen Gräbern hatte Hannelore's Grab keinen weiteren Platz. Dies konnte nun bedeuten, dass sie keinen Mann hatte, er irgendwo anderes liegt, sie getrennt gelebt haben oder er noch lebt und so viel Geld hat, später einen gemeinsamen Grabstein anfertigenzulassen.
Wir saßen lang vor Hannelore. Ich hatte irgendwann, als Überreaschung eine Flasche des billigsten halbtrockenen Dornfelder vom Penny und zwei der unzerstörlichen Gläser aus meiner Wohnung ausgepackt und wir tranken die ganze Flasche. Meine Hände zitterten am Glas während wir uns Geschichten über Hannelore ausdachten. Du hattest Handschuhe an und dir sind eindeutig die besseren Geschichten eingefallen. Während meine Erzählungen nur von wilden Sex und geklauten Bier in den Trümmern des Zweiten Weltkrieges handelten, hattest du für Hannelore süße Liebesgeschichten erdacht. An eine kann ich mich noch gut erinnern. Du meintest sie wäre damals nach dem Krieg eine Schönheit gewesen, die von den wenigen Männern umgarnt wurde, aber sich für keinen wirklich intressierte. Eines Tages kam ein französischer Soldat an ihrem Haus vorbei und sie fing an zu zittern als sie ihn sah. Der Soldat war in ihrer Straße stationiert und sie sah ihn von nun an täglich. Sie machte ihm Kuchen und er bedankte sich immer nur mit einem kleinen Merci und einem Lächeln, ein Lächeln auf das Hannelore immer wartete, wenn sie ihm etwas brachte. Sie handelte sich sogar Ärger mit ihrer Mutter ein, da sie die Kuchen meistens heimlich backte und die Zutaten knapp waren. Alles nur für diese kleinen Lächeln des exzotischen schönen Soldaten. Sie wusste nicht wie sie Zuneigung zeigen sollte, denn einerseits wußte sie nicht, wie sie mit dem Soldaten reden sollte (durch die Sprachbarriere und auch einfach weil sie meistens zu aufgeregt war um auch nur einen Satz ihm gegenüber herauszubringen), andererseits weil sie in ihren jungen Jahren nicht wusste wie man einen Jungen verführt, nur wie man die Avancèn der Jungs, die sie zu genüge hatte, abwehrt. Hannelore wusste nicht, was sie machen sollte um diesen Soldaten für sich zu gewinnen. Sie erzählte viel mit ihrer Freundin Magerete über ihn und Magerete (da sie weniger hübsch war) wusste, wie man einen Jungen verführen kann. Hannelore konnt mit den Tips von Magerete, aber nichts anfangen. Sie lernte sogar einige französische Sätze, die sie ihm sagen wollte, aber immer wenn der Moment da gewesen wäre, war ihr Hals wie zugeschnürrt. Sie versuchte den Jungen zu vergessen, ihn abzuschreiben, nur um sich dann immerwieder dabei zu erwischen, wie sie aus dem Fenster nach ihm Ausschau hielt und sich vorstellte wie es wäre, wenn sie nicht so verdammt schüchtern wäre.
Eines Abends als sie ihn mal wieder beobachtet, musste sie eine sehr grausame Szene mit anschauen. Sie sah Magerete auf der Straße. Es war Sommer, aber selbst für die milden Temperaturen hatte Magerete recht wenig an. Sie sah, wie Magerete direkt auf den Soldaten zu lief. Ein paar Sätze wurden gewechselt und Hannelore merkte sofort wie der Neid in ihr aufstieg und die Eifersucht, schließlich war das doch ihr Soldat und Magerete sollte das wissen. Hannelore kroch ganz nah an das Fenster, um dann zu sehen, wie Magerete die Hand von ihrem Soldaten nahm und sie zu ihrer Brust führte. Sie konnte genau erkennen, wie er nicht nur die Brust berührte sondern auch zudrückte und wie ihm plötzlich ein Lächeln ins Gesicht fuhr. Dieses Lächeln, dass doch nur für Hannelore war, so dachte sie. Hannelore war wie gefesselt an dem Fenster. Plötzlich fiel der Soldat um und sie verstand nicht was passiert ist, bis sie die Tränen von Magerete und das Blut des Soldaten sah und sie fing auch an zu weinen. Sei weinte ohne die Augen zu schließen, denn sie wusste, dass sie den Soldaten wahrscheinlich nie wieder sehen würde und nutze jede Sekunde um sein hübsches Gesicht noch einmal zu sehen. Hannelore sah Mageretes Vater auf die Straße laufen, in seiner Reichswehr-Uniform und eine Waffe in der Hand. Magerete lag zusammengekauert neben dem Soldaten auf der Straße, weinend. Der Vater zehrte Magerete ins Haus und Hannelore konnte zwischen ihrem eigenem Wimmern, deutlich den Satz „Froschfresser, von euch hab ich schon genug um die Ecke gebracht!“ wahrnehmen.
Sie redete nie wieder mit Magerete und vergaß den Soldaten nie.
Du meintest, deswegen liege sie allein auf dem Friedhof, weil sie im Herzen immer nur Platz für den französischen Soldaten hatte.
Die Geschichte war so süß und bitter, dass du sogar selbst während dem erzählen weinen musstest und ich vermute sogar bis heute, dass die Geschichte nur zum Teil erdacht ist und stark von deiner Oma beeinflußt ist.
Wir erzählten aber auch viel über Belanglosigkeiten über Zombies und Werwölfe und darüber welcher Stanley Kubrick Film denn nun der beste sei. Wir redeten über unsere Vergangenheit und wie wir uns unsere Zukunft vorstelltten.
Als ich mich grade zur Seite drehte, um mir die Nase zu putzen, hörte ich splitterndes Glas (doch nicht so unzerstörbar, die Gläser). Du ranntest weg. Ich hatte dich noch nie so schnell rennen sehen. Du hast dir während dem laufen die Handschuhe, den Schal und deine Jacke ausgezogen und ich fragte mich, was das werden sollte. Du liefst raus auf das Feld, es lag an der Seite eines Hügels, so das wir bergab liefen und ich fiel zwei mal hin, da der Boden eisig war und so verschneit, dass man größere Brocken Erde nicht sehen konnte.
Ich fand auf dem Weg auch dein Top und bekamm es langsam mit der Angst was du vorhast.
Als ich dich schniefend einholte lagst du im Schnee und hast versucht dir die Hose auszuziehen. Ich fragte käuchend was das soll. Du meintest nur ich solle dir helfen. Ich kniete mich zu dir und versuchte dich zu beruhigen, aber du hattest mich weggestoßen. Wieder bei dir sah ich das Küchenmesser in deiner linken Hand und versuchte zugleich es dir zu entreißen. Wir rangelten heftig und es ist wirklich wahr, Frauen sind in extrem Situationen wirklich unendlich stark. Trotz alledem konnte ich dir das Messer entreißen. Ich warf es so weit ich konnte den Hügel hinunter, weit auf das Feld. Du bist aufgestanden, hattest mich dann umgeworfen und bist dem Messer hinterher. Als ich erneut aufstand, sah ich dich verwirrt und nur in Unterwäsche auf dem Feld herum taumerln. Im Licht des Mondes, sah man deutlich wie sich deine Brustwarzen durch den BH abzeichneten und ich hasse mich bis heute, dass ich mir damals ernsthaft die Zeit für diese Beobachtung genommen hatte, das war wirklich unangebracht und ich hoffe du kannst es mir verzeihen. Ich rannte also so schnell wie möglich zu dir hin und hielt dich fest. Du hattest geweint und konntest dich nichtmehr beruhigen. Ständig wiederholtest du die Worte „Es ist weg“. Ich habe versucht dich zurückzubringen, aber du hattest dich nicht bewegen lassen. Als ich mir nach wenigen Sekunden nicht ansehen konnten wie du gefroren hast, packte ich dich in meinem Parka ein und nahm dich auf dem Arm. Ich glaube ich habe es mit dir auf dem Arm in 15Minuten nach Hause geschafft, ich lief wirklich so schnell ich nur konnte. Du hast den ganzen Weg geweint und meintest du wolltest sterben und ich hätte dich doch nur machen lassen sollen, hätte dich in Ruhe lassen sollen.
In meiner Wohnung angekommen, legte ich dich in mein Bett, riß die Heizung voll auf, gab dir 2 Decken. Du lagst in meinem Bett, die Beine ganz nah vor den Kopf geschoben und wolltest einfach nicht aufhören zu weinen. Ich saß einige Minuten neben dir und war einfach fassungslos. Irgendwann wurdest du ruhiger. Ich beschloß dir eine Wärmflasche zu machen. In dem Moment als ich die Tür hinter mir schließen wollte, kam mir ein Gedanke, den ich nicht auszusprechen vermag. Er führte in jeden Fall dazu, dass ich alle spitzen Gegenstände in meinem Schlafzimmer mit in die Küche nahm.
Als ich mit der Wärmflasche zurück kam, warst du anscheinend schon eingeschlafen. Ich legte die Wärmflasche unter deine Decke, nah an deinen Körper, setze mich danach in meinen Sessel und sah dir beim schlafen zu. Ich war immernoch benommen und irgendwie machte sich irgendwann dann doch die Anstängung des Tragens bemerkbar, so dass ich im Sessel einschlief.
Als ich aufwachte, warst du schon (mit einigen meiner Klamotten) weg.
Wir stehen an den Toren des Bezirksfriedhofs und du fragtest noch, ob wir das wirklich tuen sollten. Ich versicherte dir, du solltest dir keine Sorgen machen ein Friedhof ist, wie ein normaler Park nur mit mehr Steinen und älterer Sozialstruktur.
Wir hassten damals Menschen ähnlich stark. Gut, Hass ist vielleicht etwas übertriben, aber die Anwesenheit von Menschen an öffentlichen Plätzen oder gar dem jeweiligen eigenem zu Hause war uns beide suspekt. Ich kann bis heute nicht genau sagen, warum das so war, aber ich vermute, dass es zumindest bei mir der Kontrollverlust war, der mich störte. Wenn ich mir selbst Menschen einlude oder zu Freunden ging, setze ich mich nur vorausgewählten menschlichen Kontakten aus, meistens war niemand da, denn ich nicht leiden konnte. In einem Park bestückt mit einigen Menschen, hätte es ja passieren können, dass auf einmal ein Ball herüber fliegt und mich aus dem schönen Gebilde meiner eignen Existenz herausholt und mich mit der Realität (in dem Fall der Frage den Ball zurückzuwerfen) verunsichert. Sowas war mir nicht recht, deswegen gingen wir nachts spazieren.
Warum wir unbedingt auf dem Freidhof gehen musste, könnte mit dem allgemeinen Drang zusammenhängen, gute Geschichte zu fabrizieren. Damals wollte ich immer Sachen machen, die mindestens eine schlechte Geschichte für die Enkel wert war. Das ist irgendwie seltsam, denn mein eigener Opa hat mir nie Geschichten erzält, der trank nur. Wahrscheinlich wären seine Geschichten auch zu unangenehm gewesen und hätten inhaltlich mit dem Dritten Reich, Blut und Juden, nicht unbedingt in die Wehrther's-Echte-Opa-Romantik die ich damals immer im Kopf hatte, gepasst.
Wenn ich diese ganze Friedhofsgeschichte heute betrachte, glaube ich auch nicht, das sie in diese Romantik eines alten grauen Mannes der nichts besseres zu tun hat, als seine Enkel mit extrem süßen Bonbon zu verfetten, gepasst hätte.
Der Bezirksfriedhof lag etwas außerhalb auf drei Seiten war er mit Feld umgeben und auf der vierten war eine Straße die in einen kleinen sehr dörfichen Ortsteil führte. Er war sehr klein, dafür in 20Minuten laufnähe zu meiner Wohnung. Wir haben schon auf den Weg immer darüber geredet, was wir denn für Menschen wären Nachts auf einem Friedhof spazieren zu gehen, zumal nichtmal einer unserer Verwandten dort lag. Du meintest, im Prinzip ist das ganze psychologisch ja recht wertvoll, sich mit dem Tod und der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen.
Die Gräber waren alle recht klein, man merkte dass die Leute mit mehr Geld eher auf dem großen Stadtfiedhof begraben werden.
Die Wege waren zugeschneit und wir mussten uns sehr stark konzentrieren auf dem Weg zu bleiben. Wir machten Witze darüber, wie die Angehörigen sich wohl aufregen würden, wenn sie auf einmal Fußabdrücke auf den Gräbern ihrer Liebsten finden. Um der Gefahr der Grabschändung aus dem Weg zu gehen beschlossen wir, uns auf eine Bank zu setzen. Ich befreite mit der Hand und in der Folge mit einem Taschentuch aus meinem Rucksack die Bank vom Schnee.
Wir saßen direkt vor dem Grab von Hannelore Schmidt 1928 – 1998. Wir frageten uns, wer diese Frau war. Man könnte meinen, wenn keine weitere Inschrift auf einem Grab ist, kann man nicht viel mehr als Namen und Daten von dem Menschen erfahren, aber wir erkannten schnell, dass es da noch einige Informationen mehr gab. Im Gegensatz zu anderen Gräbern hatte Hannelore's Grab keinen weiteren Platz. Dies konnte nun bedeuten, dass sie keinen Mann hatte, er irgendwo anderes liegt, sie getrennt gelebt haben oder er noch lebt und so viel Geld hat, später einen gemeinsamen Grabstein anfertigenzulassen.
Wir saßen lang vor Hannelore. Ich hatte irgendwann, als Überreaschung eine Flasche des billigsten halbtrockenen Dornfelder vom Penny und zwei der unzerstörlichen Gläser aus meiner Wohnung ausgepackt und wir tranken die ganze Flasche. Meine Hände zitterten am Glas während wir uns Geschichten über Hannelore ausdachten. Du hattest Handschuhe an und dir sind eindeutig die besseren Geschichten eingefallen. Während meine Erzählungen nur von wilden Sex und geklauten Bier in den Trümmern des Zweiten Weltkrieges handelten, hattest du für Hannelore süße Liebesgeschichten erdacht. An eine kann ich mich noch gut erinnern. Du meintest sie wäre damals nach dem Krieg eine Schönheit gewesen, die von den wenigen Männern umgarnt wurde, aber sich für keinen wirklich intressierte. Eines Tages kam ein französischer Soldat an ihrem Haus vorbei und sie fing an zu zittern als sie ihn sah. Der Soldat war in ihrer Straße stationiert und sie sah ihn von nun an täglich. Sie machte ihm Kuchen und er bedankte sich immer nur mit einem kleinen Merci und einem Lächeln, ein Lächeln auf das Hannelore immer wartete, wenn sie ihm etwas brachte. Sie handelte sich sogar Ärger mit ihrer Mutter ein, da sie die Kuchen meistens heimlich backte und die Zutaten knapp waren. Alles nur für diese kleinen Lächeln des exzotischen schönen Soldaten. Sie wusste nicht wie sie Zuneigung zeigen sollte, denn einerseits wußte sie nicht, wie sie mit dem Soldaten reden sollte (durch die Sprachbarriere und auch einfach weil sie meistens zu aufgeregt war um auch nur einen Satz ihm gegenüber herauszubringen), andererseits weil sie in ihren jungen Jahren nicht wusste wie man einen Jungen verführt, nur wie man die Avancèn der Jungs, die sie zu genüge hatte, abwehrt. Hannelore wusste nicht, was sie machen sollte um diesen Soldaten für sich zu gewinnen. Sie erzählte viel mit ihrer Freundin Magerete über ihn und Magerete (da sie weniger hübsch war) wusste, wie man einen Jungen verführen kann. Hannelore konnt mit den Tips von Magerete, aber nichts anfangen. Sie lernte sogar einige französische Sätze, die sie ihm sagen wollte, aber immer wenn der Moment da gewesen wäre, war ihr Hals wie zugeschnürrt. Sie versuchte den Jungen zu vergessen, ihn abzuschreiben, nur um sich dann immerwieder dabei zu erwischen, wie sie aus dem Fenster nach ihm Ausschau hielt und sich vorstellte wie es wäre, wenn sie nicht so verdammt schüchtern wäre.
Eines Abends als sie ihn mal wieder beobachtet, musste sie eine sehr grausame Szene mit anschauen. Sie sah Magerete auf der Straße. Es war Sommer, aber selbst für die milden Temperaturen hatte Magerete recht wenig an. Sie sah, wie Magerete direkt auf den Soldaten zu lief. Ein paar Sätze wurden gewechselt und Hannelore merkte sofort wie der Neid in ihr aufstieg und die Eifersucht, schließlich war das doch ihr Soldat und Magerete sollte das wissen. Hannelore kroch ganz nah an das Fenster, um dann zu sehen, wie Magerete die Hand von ihrem Soldaten nahm und sie zu ihrer Brust führte. Sie konnte genau erkennen, wie er nicht nur die Brust berührte sondern auch zudrückte und wie ihm plötzlich ein Lächeln ins Gesicht fuhr. Dieses Lächeln, dass doch nur für Hannelore war, so dachte sie. Hannelore war wie gefesselt an dem Fenster. Plötzlich fiel der Soldat um und sie verstand nicht was passiert ist, bis sie die Tränen von Magerete und das Blut des Soldaten sah und sie fing auch an zu weinen. Sei weinte ohne die Augen zu schließen, denn sie wusste, dass sie den Soldaten wahrscheinlich nie wieder sehen würde und nutze jede Sekunde um sein hübsches Gesicht noch einmal zu sehen. Hannelore sah Mageretes Vater auf die Straße laufen, in seiner Reichswehr-Uniform und eine Waffe in der Hand. Magerete lag zusammengekauert neben dem Soldaten auf der Straße, weinend. Der Vater zehrte Magerete ins Haus und Hannelore konnte zwischen ihrem eigenem Wimmern, deutlich den Satz „Froschfresser, von euch hab ich schon genug um die Ecke gebracht!“ wahrnehmen.
Sie redete nie wieder mit Magerete und vergaß den Soldaten nie.
Du meintest, deswegen liege sie allein auf dem Friedhof, weil sie im Herzen immer nur Platz für den französischen Soldaten hatte.
Die Geschichte war so süß und bitter, dass du sogar selbst während dem erzählen weinen musstest und ich vermute sogar bis heute, dass die Geschichte nur zum Teil erdacht ist und stark von deiner Oma beeinflußt ist.
Wir erzählten aber auch viel über Belanglosigkeiten über Zombies und Werwölfe und darüber welcher Stanley Kubrick Film denn nun der beste sei. Wir redeten über unsere Vergangenheit und wie wir uns unsere Zukunft vorstelltten.
Als ich mich grade zur Seite drehte, um mir die Nase zu putzen, hörte ich splitterndes Glas (doch nicht so unzerstörbar, die Gläser). Du ranntest weg. Ich hatte dich noch nie so schnell rennen sehen. Du hast dir während dem laufen die Handschuhe, den Schal und deine Jacke ausgezogen und ich fragte mich, was das werden sollte. Du liefst raus auf das Feld, es lag an der Seite eines Hügels, so das wir bergab liefen und ich fiel zwei mal hin, da der Boden eisig war und so verschneit, dass man größere Brocken Erde nicht sehen konnte.
Ich fand auf dem Weg auch dein Top und bekamm es langsam mit der Angst was du vorhast.
Als ich dich schniefend einholte lagst du im Schnee und hast versucht dir die Hose auszuziehen. Ich fragte käuchend was das soll. Du meintest nur ich solle dir helfen. Ich kniete mich zu dir und versuchte dich zu beruhigen, aber du hattest mich weggestoßen. Wieder bei dir sah ich das Küchenmesser in deiner linken Hand und versuchte zugleich es dir zu entreißen. Wir rangelten heftig und es ist wirklich wahr, Frauen sind in extrem Situationen wirklich unendlich stark. Trotz alledem konnte ich dir das Messer entreißen. Ich warf es so weit ich konnte den Hügel hinunter, weit auf das Feld. Du bist aufgestanden, hattest mich dann umgeworfen und bist dem Messer hinterher. Als ich erneut aufstand, sah ich dich verwirrt und nur in Unterwäsche auf dem Feld herum taumerln. Im Licht des Mondes, sah man deutlich wie sich deine Brustwarzen durch den BH abzeichneten und ich hasse mich bis heute, dass ich mir damals ernsthaft die Zeit für diese Beobachtung genommen hatte, das war wirklich unangebracht und ich hoffe du kannst es mir verzeihen. Ich rannte also so schnell wie möglich zu dir hin und hielt dich fest. Du hattest geweint und konntest dich nichtmehr beruhigen. Ständig wiederholtest du die Worte „Es ist weg“. Ich habe versucht dich zurückzubringen, aber du hattest dich nicht bewegen lassen. Als ich mir nach wenigen Sekunden nicht ansehen konnten wie du gefroren hast, packte ich dich in meinem Parka ein und nahm dich auf dem Arm. Ich glaube ich habe es mit dir auf dem Arm in 15Minuten nach Hause geschafft, ich lief wirklich so schnell ich nur konnte. Du hast den ganzen Weg geweint und meintest du wolltest sterben und ich hätte dich doch nur machen lassen sollen, hätte dich in Ruhe lassen sollen.
In meiner Wohnung angekommen, legte ich dich in mein Bett, riß die Heizung voll auf, gab dir 2 Decken. Du lagst in meinem Bett, die Beine ganz nah vor den Kopf geschoben und wolltest einfach nicht aufhören zu weinen. Ich saß einige Minuten neben dir und war einfach fassungslos. Irgendwann wurdest du ruhiger. Ich beschloß dir eine Wärmflasche zu machen. In dem Moment als ich die Tür hinter mir schließen wollte, kam mir ein Gedanke, den ich nicht auszusprechen vermag. Er führte in jeden Fall dazu, dass ich alle spitzen Gegenstände in meinem Schlafzimmer mit in die Küche nahm.
Als ich mit der Wärmflasche zurück kam, warst du anscheinend schon eingeschlafen. Ich legte die Wärmflasche unter deine Decke, nah an deinen Körper, setze mich danach in meinen Sessel und sah dir beim schlafen zu. Ich war immernoch benommen und irgendwie machte sich irgendwann dann doch die Anstängung des Tragens bemerkbar, so dass ich im Sessel einschlief.
Als ich aufwachte, warst du schon (mit einigen meiner Klamotten) weg.
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