Rukz

Dienstag, 13. März 2007
Eine Geschichte Teil 3
Da ist sie! Das Buch hat sie, wie abgesprochen, dabei. Gut, dass wir ausgemacht hatten, dass ich sie anspreche. Denn so habe ich die Möglichkeit sie für einen kurzen Moment zu beobachten - vollkommen unbefangen.
Kein leichtes Sommerkleid, dafür eine relativ enge Jeans und ein Top, das auch nicht zu verachten ist.
Ihre Blicke streifen durch das Café. Sie streifen auch mich. Sie erkennt mich natürlich nicht. Das ist gut, das heißt, eigentlich ist das schlecht. Ich bin ihr nicht in Erinnerung geblieben, ich bin ein Fremder. Und doch hat sie ja nun durch die Mail bereits tiefe Einblicke in mich und meine Seele bekommen.

Es ist Zeit, ich sollte sie erlösen. Souveränität, Souveränität! Gut noch einmal tief einatmen und...
„Hallo, ich glaube wir kennen uns!“
Sie kennt mich wirklich nicht.
„Ja, das glaube ich auch. Schön, dass wir uns endlich einmal sehen.“
[Hoffentlich merkt er nicht wie aufgeregt ich bin.]
„Setzen wir uns doch, ich habe leider nur Kaffee für mich geordert, da ich nicht wusste wie sie ihn mögen.“
Mist, das war ungeschickt - entweder souverän auch für sie Kaffee ordern oder es lassen.
„Das ist doch kein Problem. Ich seh’ doch schon, wie die Kellnerin heran eilt.“
[Er sieht gut aus, ein wenig animalisch mit diesem Bart dessen dritter Tag schon einige Tage her ist und den Haaren die ihm halb ins Gesicht hängen, so stellt man sich Künstler vor.]
„Ja die sind wie Geier.“
Oh nein, das war nicht gut, ich Trottel.
Sie lacht.
Sie hat das schönste Lachen auf diesem Erdenball, wie lang konnte ich so etwas wunderbares schon nicht mehr vernehmen. Mein Gott, wie habe ich sie vermisst, hoffentlich merkt sie nichts, noch nicht.

„Haben sie einen Wunsch?“
„Ja, Cappuccino, bitte.“
[Die Kellnerin sieht besser aus als ich, sie ist ja auch jünger, wahrscheinlich dreht sich jeder Mann hier nach ihr um.]
„Ja. Und sie, noch einen Wunsch?“
„Nein danke, ich habe bereits.“
Sie reicht bei weitem nicht an sie ran, an diese Klasse, dieses unbeschreibliche Wesens.
„Die machen hier sehr guten Cappuccino.“
Wie belanglos dieser Satz.
„Ja? Warum trinken sie dann nur einfachen Kaffee?“
[Ich sollte nicht so offensiv sein.]
„Erwischt, der Cappuccino ist nur in Ordnung, nichts, dass man unbedingt trinken muss. Wir sollten uns duzen.“
Verflucht, erst denken, dann sprechen. Jetzt will sie sicherlich einen Namen von mir. Wenn, dann erfährt sie nicht meinen Echten - nicht, dass sie sich doch noch erinnert!
„Wenn ich sie duzen soll, sollten wir zumindest unsere Vornamen kennen.“
[Er kann den Blick nicht von mir wenden, ich aber auch nicht von ihm.]
„Ach, weißt du, Namen machen doch alles kaputt. Lass uns dieses Spiel ruhig noch ein wenig spielen, oder findest du es nicht doch so aufregender?“ Hoffentlich klappt das.
„Na gut, wie du willst. Wie bist du zum Schreiben gekommen?“
[Seine Augen sind wundervoll, nicht so anziehend wie tiefblaue Augen und doch kann man sich in dieser Mischung verlieren - braun, dann grau und auch ein wenig grün, einfach schön.]
„Das ist eigentlich eine ganz einfache Sache - ein ganz natürlicher Prozess. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass mir über den Tag verteilt unglaublich viele Ideen kommen und immer, wenn ich nichts zu tun habe, spinne ich mir irgendwelche Geschichten dazu zusammen. Das Problem bei der ganzen Angelegenheit ist nur, dass mir diese Geschichten nicht mehr aus dem Kopf gehen. Sie geistern da 'rum und es wurden mehr und mehr und da habe ich mich entschlossen, um sie aus meinem Kopf zu bekommen, die Geschichten, muss ich sie niederschreiben.“

„Bitte.“
„Oh, danke sehr.“
„Da das Café sehr voll ist, muss ich sie bitten sofort zu zahlen“
„Ja, natürlich.“
[Was ist das denn für ein Café, wo man sofort zahlen muss.]

Sie kramte in ihrer Tasche, auf der Suche nach Geld. Sein Blick wandte sich dabei keine Sekunde von ihr ab. Jedes noch so kleine Detail an ihr nahm er wahr. Sie war sehr hektisch, denn sie wollte mehr erfahren über diesen geheimnisvollen Schreiberling, der sie so faszinierte und dadurch verunsichert. Man könnte fast meinen, sie war nicht nur auf der Suche nach Geld, nein, sie war viel mehr auf der Suche nach dem Glück. Und so kam es, dass der Zufall den Weg zu ihrem Glück, dass sie doch bereits gefunden hatte, es aber anscheinend nicht mehr erkennen konnte, wieder wies.

[Oh nein der Ring. Er fällt. Mist, jetzt ist alles aus.]
„Dir ist da etwas 'runtergefallen, ich heb' es für dich auf.“
Was war das?
„Nein, nein, nicht nötig.“

Doch da war es bereits zu spät. Der Schreiberling hatte ihn in der Hand, den Ring, und als sie dies bemerkte wurde sie panisch.

[Ich muss hier weg. Schnell!]

Sie knallte einen 5€-Schein auf den Tisch und rannte fort. Sie wusste nicht, was geschehen war, warum sie rannte. Es wurde klar, dass sie nicht vor unserem Schreiberling wegrannte, sondern viel mehr vor sich selbst. Es war nicht so schlimm, dass er nun weiß, dass sie verheiratet war. Doch sie hatte die ganze kurze Zeit keinen einzigen Gedanken an Eduard verschwendet. Sie war voll und ganz diesem Zauber verfallen, den dieser vermeintlich Unbekannte für sie ausstrahlte.

„So warte doch!“

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